Das Schriftformerfordernis des § 623 BGB wird durch den Abschluss eines mündlichen Geschäftsführerdienst-Vertrages nicht gewahrt. Es kann daher nicht angenommen werden, dass durch einen mündlichen Geschäftsführer-Dienstvertrag der zuvor bestehende Arbeitsvertrag konkludent aufgehoben wurde. Die Formvorschrift des § 623 BGB ist für den vorliegenden Fall einschlägig. Es handelt sich in Fällen der vorliegenden Art auch nicht lediglich um Änderungen des Arbeitsvertrages, bei denen § 623 BGB nicht greift, sondern um eine Aufhebung des Arbeitsvertrages und die Begründung eines neuen Rechtsverhältnisses.
§ 623 BGB beinhaltet neben dem Rechtsklarheitsgedanken auch eine Warnfunktion hinsichtlich des Verlustes der Arbeitnehmerstellung. Denn der unmittelbare Organvertreter gilt aufgrund seiner förmlichen Position entweder nicht als Arbeitnehmer oder fällt nicht mehr unter den Schutz von bestimmten Gesetzen. Er verliert damit wesentliche Arbeitnehmerrechte, unbeschadet der Tatsache, dass er unter Umständen Arbeitnehmer bleibt. Gerade vor dem inhaltlichen Verlust der Arbeitnehmerstellung will aber die Formvorschrift des § 623 BGB (auch) schützen. Insofern bedarf es auch hier der Beweis- und Rechtssicherheitsfunktion des § 623 BGB.
Die Berufung des Geschäftsführers auf das Schriftformerfordernis des § 623 BGB nach seiner Abberufung als Geschäftsführer ist auch nicht treuwidrig.
Die Berufung auf den Mangel der gesetzlichen Schriftform kann zwar ausnahmsweise gegen Treu und Glauben verstoßen. Grundsätzlich ist die Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Form jedoch zu beachten. Wenn die Formvorschriften des bürgerlichen Rechts nicht ausgehöhlt werden sollen, kann ein Formmangel nur ausnahmsweise nach § 242 BGB als unbeachtlich angesehen werden. Das kann unter dem Gesichtspunkt des Verbots widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium) dann der Fall sein, wenn der Erklärungsgegner einen besonderen Grund hatte, auf die Gültigkeit der Erklärung trotz des Formmangels zu vertrauen und der Erklärende sich mit der Berufung auf den Formmangel zum eigenen vorhergehenden Verhalten in Widerspruch setzt. So zum Beispiel, wenn der Arbeitnehmer seiner Beendigungsabsicht mit ganz besonderer Verbindlichkeit und Endgültigkeit mehrfach Ausdruck verlieh und damit einen besonderen Vertrauenstatbestand geschaffen hatte. Ein solcher Fall liegt im Streitfall, in dem höchstens von einer konkludenten Aufhebung des bisherigen Arbeitsverhältnisses nach der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht ausgegangen werden könnte, ersichtlich nicht vor.
Allein daraus, dass der Kläger das Geschäftsführer-Dienstverhältnis über einen längeren Zeitraum ausgeübt hat, kann ein solcher Vertrauenstatbestand hinsichtlich der Beendigungsabsicht des Klägers nicht entnommen werden. Die Beklagte hat auch keinen besonderen Grund vorgetragen, nach Einführung des Schriftformerfordernisses des § 623 BGB – und der seither in der Literatur diskutierten Problematik des Schriftformerfordernisses – auf die Auflösung des bisherigen Arbeitsverhältnisses trotz des Formmangels zu vertrauen., obwohl hier nicht einmal ein schriftlicher Geschäftsführer-Anstellungsvertrag geschlossen wurde.
Landesarbeitsgericht Hamburg 7. Kammer, Beschluss vom 05.07.2010, 7 Ta 24/09