Der Nießbraucher eines GmbH-Geschäftsanteils kann Adressat der Eigenkapitalersatzregeln sein.
Im Schrifttum herrscht Einigkeit darüber, dass auf einen Nießbraucher §§ 32a, b GmbHG aF und die sog. Rechtsprechungsregeln zum Eigenkapitalersatz jedenfalls unter bestimmten Voraussetzungen entsprechend anwendbar sind.
Ein Meinungsstreit besteht lediglich insoweit, als teilweise die Gleichstellung des Nießbrauchers mit dem Gesellschafter dann angenommen wird, wenn sich der Nießbrauch auf den gesamten Geschäftsanteil oder jedenfalls auf seinen gesamten Ertrag erstreckt, oder erst dann, wenn der Nießbraucher über den Gesellschafter aufgrund der Abmachungen im Einzelfall Einfluss auf die Gesellschaft ausüben kann – vornehmlich bei langjähriger Berechtigung und vergleichbar mit einem Treuhandverhältnis. Die herrschende Meinung orientiert sich dabei an der Bundesgerichtshofsrechtsprechung zum Pfandgläubiger und zum stillen Gesellschafter. Diese stellt der Bundesgerichtshof im Rahmen des Eigenkapitalersatzrechts einem Gesellschafter gleich, wenn ihnen neben ihrer Beteiligung am Gewinn der Gesellschaft in atypischer Weise weitreichende Befugnisse zur Einflussnahme auf die Geschäftsführung und die Gestaltung der Gesellschaft eingeräumt sind, insbesondere wenn sie wie ein Gesellschafter die Geschicke der Gesellschaft mitzubestimmen berechtigt sind. Lediglich Altmeppen vertritt einen engeren Standpunkt. Danach ist der Nießbraucher nur dann einem Gesellschafter gleichzustellen, wenn der Gesellschafter, der den Nießbrauch bestellt, den Anteil für Rechnung des Nießbrauchers hält oder der Kredit wirtschaftlich gesehen aus dem Vermögen des Bestellers aufgebracht wird.
Auch die Frage, welcher dieser Meinungen der Vorzug zu geben ist, begründet keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO. Denn im vorliegenden Fall ist die Klägerin nach allen drei Meinungen einem Gesellschafter gleichzustellen. Der Nießbrauch der Klägerin umfasst die gesamten Beteiligungen ihrer Kinder an der Gesellschaft. Der Klägerin ist auch eine Position eingeräumt worden, die ihr entscheidenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft verschafft. Sie kann aufgrund der ihr eingeräumten Stimmrechtsvollmachten, die durch das Recht zum Widerruf der Schenkungen abgesichert sind, auf die Geschicke der Gesellschaft wie ein Gesellschafter Einfluss nehmen. Sie hat darüber hinaus bei wichtigen Entscheidungen, selbst wenn sie von den Vollmachten keinen Gebrauch macht, ein Weisungsrecht. Ohne eine Weisung müssen sich die Kinder insoweit der Stimme enthalten. Weiter hat sie die gleichen Informationsrechte wie ein Gesellschafter. Auch nach der abweichenden Meinung von Altmeppen gilt nichts anderes. Denn die Kinder halten die Beteiligungen für Rechnung der Klägerin, da das Nießbrauchsrecht auf Lebenszeit eingeräumt ist und alle Vorteile aus der Gesellschafterstellung der Klägerin zustehen.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 5. April 2011 – II ZR 173/10